Manufakturbesuch: Möbel aus Barrique-Fässern direkt vom Pfälzer Weingut
Erst reift Wein in ihnen, dann baut Magnus Mewes aus den alten Fässern Möbel. Wie er dazu kam? Durch das Weingut seiner Frau in Neustadt
Recyling, Upcycling, anspruchsvolle Wiederverwertung: Aus alten Dinge neue zu schaffen, ist ein weitreichender Trend – auch in der Pfalz. Dort entstehen nämlich, wie sollte es für eine Weinregion auch anders sein, Möbel aus 200 Jahre alten Barrique-Fässern. Die Idee dazu hatte Designer Magnus Mewes, als er auf dem familieneigenen Weingut seiner Frau Carolin Bergdolt (die das Gut in neunter Generation führt) bei der Einlagerung ausgedienter Rotweinfässer half. „Die Fassdauben haben die perfekte ergonomische Form für Sitzflächen und Lehnen. Und da das massive Eichenholz schon so viele Jahre schadlos überdauert hatte, war ich sicher, dass es sich auch zum Sitzen eignen würde“, so Mewes. In einer kleinen Manufaktur auf dem traditionsreichen Weingut werden also seit 2010 Hocker, Stühle und mittlerweile auch Tische oder Hackblöcke hergestellt. Jedes Stück per Hand, mit typischen Rotweinverfärbungen und Spundlöchern als Markenzeichen.
Auf einen Blick
Hier wohnt und arbeitet: Familie Bergdolt-Mewes
In: Duttweiler/Neustadt an der Weinstraße, Rheinland-Pfalz
Auf: einem 5000 Quadratmeter großen Weingut, mit Möbelwerkstatt auf dem Hof
Fotos: Laura Carbone (18), Magnus Mewes, Michael Holz
Auf einen Blick
Hier wohnt und arbeitet: Familie Bergdolt-Mewes
In: Duttweiler/Neustadt an der Weinstraße, Rheinland-Pfalz
Auf: einem 5000 Quadratmeter großen Weingut, mit Möbelwerkstatt auf dem Hof
Fotos: Laura Carbone (18), Magnus Mewes, Michael Holz
Duttweiler ist eines dieser charmanten Dörfer in der Pfalz, in denen rechts und links der Dorfstraße Weingüter mit weit geöffneten Toren zum Einkehren einladen und Wilder Wein die Fassaden emporrankt. Hier befindet sich auch das VDP Weingut Bergdolt St. Lamprecht, seit 1754 in Familienbesitz und nunmehr in achter und neunter Generation von Rainer Bergdolt und seiner Tochter Carolin geführt.
Mittlerweile wohnt Carolin Bergdolt mit ihrer eigenen kleinen Familie auf dem Gut: Mann Magnus Mewes, Sohn Jasper (4 Jahre), Tochter Maxie (8 Monate) – und Jagdhund Fluxus. Auch ihre Schwester (rechts im Bild), eine Berliner Architektin, steigt bald in den Familienbetrieb ein. „Die Wurzeln waren einfach zu stark“, sagt Carolin Bergdolt lachend.
„Die Hofanlage des Weingutes stammt aus dem Spätbarock“, erzählt Bergdolt. Der klassizistisch überformte Walmdachbau ist denkmalgeschützt. Auf dem Hof befindet sich neben der Lagerhalle, einem Weinkeller, dem Probierraum und einer kleinen Möbelwerkstatt auch das Wohnhaus der jungen Familie.
Im Weingut werden pro Jahr rund 150.000 Flaschen Riesling, Weiß- und Spätburgunder, aber auch Sekt und Weinbrand aus eigenen Trauben hergestellt. „Unsere Reben kultivieren wir nach den Grundsätzen ökologischen Weinanbaus“, sagt Bergdolt. „Damit haben wir zwar mehr Arbeit, aber diese Wirtschaftsweise erhöht durch gesündere Böden und Reben die Qualität der Weine und schafft dadurch einen Mehrwert.“
Angepackt wird auf dem Weingut von allen – auch Sohn Jasper hilft schon gerne mit. „Wir leben und arbeiten hier als Großfamilie. Mittags kochen wir zum Beispiel immer zusammen, und trotzdem hat jeder durch das große Grundstück seine ganz privaten Bereiche“, so Bergdolt.
Doch auf dem Weingut Bergdolt St. Lamprecht gibt es nicht nur guten Wein, sondern auch eine kleine Manufaktur, in der seit 2010 Möbel aus alten Barrique-Fässern herstellt werden. Bergdolts Mann Magnus Mewes entwirft und fertigt sie selbst: „Nach meiner Ausbildung zum Steinmetz und Bildhauer habe ich erst an der Bauhaus Universität Weimar und später in Berlin an der UDK studiert. Seither arbeite ich als selbstständiger Produktdesigner“, so Mewes. Die beiden Betriebe – Weingut und Möbelmanufaktur – sind, wie auch ihre Chefs, eng miteinander verbunden. Während der Weinlese etwa bleibt die Werkstatt geschlossen.
Die Idee zu seiner Möbellinie hatte Mewes quasi im Vorbeigehen. „Irgendwann fielen mir alte Barrique-Fässer in die Hände. Die Form des dickbauchigen Eichenfasses, das 225 Liter Rotwein fasst, inspirierte mich“, so der 36-jährige. „Die Form der Dauben, also der Längshölzer eines Fasses, stellten sich als ergonomisch perfekt für Sitzfläche und Lehne heraus“, so der Designer. „Ich mag den Gedanken, dass die Geschichten, die die jahrhundertealten Rotweinfässer erzählen, in den modernen Stühlen weiterleben.“
Die Form von Magnus Mewes‘ Möbeln ist schlicht und zeitlos und gerade dadurch modern.
Mewes stellt sie nur aus handwerklich hochwertigen Eichenfässern her. Ihre Form erlangen die Bretter, nachdem sie bei der Fassherstellung überm Feuer erhitzt und dadurch biegbar wurden. „Für meine Möbel verwende ich nur aussortierte Barrique-Fässer, die nach mehreren Jahren und nach vier Rotweinfüllungen keine Eichen-Geschmackstöne mehr an den Wein abgeben.“
Mewes stellt sie nur aus handwerklich hochwertigen Eichenfässern her. Ihre Form erlangen die Bretter, nachdem sie bei der Fassherstellung überm Feuer erhitzt und dadurch biegbar wurden. „Für meine Möbel verwende ich nur aussortierte Barrique-Fässer, die nach mehreren Jahren und nach vier Rotweinfüllungen keine Eichen-Geschmackstöne mehr an den Wein abgeben.“
Hier sind die natürlichen Rotweinverfärbungen der Dauben zu sehen, von satten Braunschattierungen bis hin zu einem tiefen Rot. „Die Dauben, die getoastet wurden, das heißt durch Feuer und Rauch für den Geschmack behandelt, sind etwas dunkler verfärbt“, erklärt Mewes.
Die Dauben haben einen ganz eigenen Geruch, eine milde Mischung aus Rotwein und Eiche. „Weil die Fässer durch den Wein von innen so schön verfärbt sind, lasse ich die Patina fast unberührt, behandle sie lediglich mit Ölen“, so Mewes.
„Schon wenn Magnus die Fässer auseinanderschlägt, riecht das richtig gut“, erzählt Bergdolt. Derselben Meinung ist wohl auch Jagdhund Flux, der seinen Namen einer Weinsorte des Gutes verdankt.
Mittlerweile werden viele Fässer bereits auseinandergelegt geliefert. In jede der Stahlboxen im Bild passen etwa 15 Barrique-Fässer.
Mittlerweile werden viele Fässer bereits auseinandergelegt geliefert. In jede der Stahlboxen im Bild passen etwa 15 Barrique-Fässer.
Hier ist die kleine, aber feine Werkstatt gleich neben dem Wohnhaus der Familie zu sehen. „Mittlerweile habe ich so viele Anfragen, dass ich Schreiner angestellt habe, die mir bei der Produktion unter die Arme greifen“, so Mewes.
Hier wird gerade das Stuhlmodell „Barrique Limited“ hergestellt – der Klassiker und Bestseller unter den Barrique-Möbeln. „Das Gestell schneide ich vollständig aus den Fassböden heraus. Nachdem wir sie geschliffen und geleimt haben, werden die Möbel nur noch geölt“, so Magnus Mewes. „Manche Winzer brennen ihren Namenszug in den Fassboden; Kenner können an dem Buchstabenpuzzle auf dem Stuhlgestell daher oft herauslesen, worauf sie sitzen.“ Die Stühle gibt es mit oder ohne Spundloch (Einfüllöffnung) in der Lehne.
Vor Ort kann man alle Serien-Möbel kaufen, Sonderwünsche werden nur auf Nachfrage gefertigt. „Wir überlegen aber, ein paar unserer Verkaufsschlager im Lagerraum bereitzuhalten. Viele Kunden, die auf der Durchreise sind, würden die Möbel nämlich am liebsten gleich mitnehmen.“ Die Preise für Mewes Möbel liegen übrigens zwischen 180 und 720 Euro.
Obwohl die Werkstatt mit nur knapp 40 Quadratmetern Fläche recht klein ist, erweitert der Designer seine Produktpalette ständig. „Mittlerweile stellen wir über 20 verschiedene Möbel her. Neben Stühlen auch Hocker, Tische, Schneidebretter oder einen Hackblock“, so Mewes. „Das Fassholz mixe ich für die Möbel teils mit anderen Harthölzern oder ganz anderen Materialien wie gegerbtem Rindsleder, Messing oder glasperlengestrahltem Edelstahl.“
Den Hackblock „Le Block“ fertigte der Designer, selbst Jäger, übrigens zuerst nur für sich – aufgrund der hohen Nachfrage ging er aber schon bald in Produktion. „Eiche wirkt wegen seiner Gerbsäuren antibakteriell. Als Nutzholz für die Küche ist es mit all seinen Eigenschaften hervorragend geeignet.“
Den Hackblock „Le Block“ fertigte der Designer, selbst Jäger, übrigens zuerst nur für sich – aufgrund der hohen Nachfrage ging er aber schon bald in Produktion. „Eiche wirkt wegen seiner Gerbsäuren antibakteriell. Als Nutzholz für die Küche ist es mit all seinen Eigenschaften hervorragend geeignet.“
Zu seinen Abnehmern zählt Mewes Sommeliers aus Deutschland, Kunden und Freunde des Weinguts und Greenpeace. Aber auch auf internationalem Boden kommen seine Barriquefass-Möbel gut an. „Wir haben viele Anfragen aus New York, arbeiten mit Händlern aus Los Angeles und Paris zusammen“, erzählt er. „Und auch die Chinesen fahren drauf ab. Deutsches Design mit Geschichte scheint ziemlich gefragt zu sein.“
Hier hält Magnus gerade einen Prototypen in Händen: Ein Hocker mit Sitzfläche aus Dauben und einem Gestell aus Schwarzstahl, das Mewes über vier Stöße aus Sektkorken verbunden hat.
Im großen Probierraum kreuzen sich beide Geschäftszweige des Weingutes. „Hier stehen Magnus’ Möbel, auf denen unsere Kunden zur Verkostung oder auch bei Jahrgangspräsentationen Platz nehmen“, sagt Bergdolt. Traditionsreiches trifft in diesem Familienbetrieb auf Modernes und Innovatives. Wir sagen: Prost – auf das Wohl der kreativen Pfalz!
Das Weingut Bergdolt St. Lamprecht finden Sie in der Dudostraße 17 in Neustadt-Duttweiler – ebenso wie die Barrique-Möbelmanufaktur von Magnus Mewes.
Mehr Manufakturbesuche und Porträts interessanter Kunsthandwerker
Das Weingut Bergdolt St. Lamprecht finden Sie in der Dudostraße 17 in Neustadt-Duttweiler – ebenso wie die Barrique-Möbelmanufaktur von Magnus Mewes.
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